Alkoholismus: Definition, Ursachen, Anzeichen & Therapie

In Deutschland hat sich der Alkoholverbrauch seit 1950 etwa vervierfacht. Heute – mit einem durchschnittlichen Alkoholkonsum von ca. 10 Litern reinem Alkohol je Einwohner und Jahr belegt Deutschland im internationalen Vergleich einen der vorderen Plätze. Beim Bier-Verbrauch werden die Deutschen beispielsweise nur noch von den Tschechen „geschlagen“. Die Folge: Etwa 2,5 Millionen Bundesbürger sind alkoholkrank – die Dunkelziffer dürfte um ein Vielfaches höher liegen. Laut einer Studie von 1998 hat nahezu jeder Siebte Alkoholprobleme. Noch sind es mehrheitlich Männer, die von der Krankheit betroffen sind. In den letzten Jahren ist jedoch der Frauenanteil von 10% auf rund 30% angestiegen. Nach wie vor stellt die Alkoholabhängigkeit Info die bei weitem häufigste Suchterkrankung in Deutschland dar.

Ursachen & Risikofaktoren

Der Weg zum Alkoholismus hat oftmals mehrere Ursachen – Einsamkeit, Schulprobleme, der Verlust des Arbeitsplatzes, Geldnot, Streit mit der Familie oder andere persönliche Probleme. In der Regel hängt der permanente Griff zur Flasche sowohl von der Persönlichkeit des Betroffenen, als auch von dessen sozialem Umfeld ab. Der Alkoholkonsum kann einen Erlebniszustand hervorrufen, der die Probleme des Konsumenten für eine bestimmte Zeit verdrängt. Die Gefahr besteht darin, dass man durch diese Beeinflussung der Psyche (in schwierigen Situationen oder auch als Lustgewinn) immer wieder Alkohol zu sich nimmt und abhängig werden kann.

Krankheitsbild & Symptome

Der Prozess in die Alkoholabhängigkeit ist schleichend. Erste Anzeichen einer Alkoholgefährdung sind nachlassende Hygiene, rote Augen, Sprach- Gang- und Koordinationsschwierigkeiten, Gedächtnislücken sowie eine häufige Alkoholfahne. Weitere typische Symptome von Alkoholismus sind zwanghaftes Trinken, Zittern, Schweißausbrüche und Entzugserscheinungen. Alkoholkonsum in großen Mengen kann auch zu Wesensveränderungen, „Seelenstörungen“ (Psychosen), Sinnestäuschungen (Halluzinationen) bis zum Persönlichkeitsverfall der Betroffenen führen.

Auswirkungen

Durch den hohen Alkoholkonsum haben Alkoholkranke oft Probleme, den Alltag zu bewältigen. Dies wiederum führt zu intensiverem Trinken, um sich eine kurzfristige Entlastung oder Erleichterung zu verschaffen. Der Teufelskreis nimmt seinen Lauf.

Übermäßiger Alkoholgenuss wirkt sich auf alle Organsysteme sowie das zentrale Nervensystem (kurz: ZNS) aus und beeinflusst die Sinneswahrnehmung. Alkohol wird vor allem in den Zellen der Leber abgebaut und so zählen Leberschäden, aber auch Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse und die Schädigung von Nervenzellen (Polyneuropathie) zu den typischen Folgekrankheiten kontinuierlichen Alkoholkonsums.

Trinken während der Schwangerschaft kann dazu führen, dass Babys mit einem verminderten Geburtsgewicht zur Welt kommen. Außerdem besteht eine erhöhte Gefahr von Fehlbildungen wie schmale Oberlippen, Augenspalten sowie Kleinwüchsigkeit.
Nach Angaben der Betriebskrankenkassen (BKK) lässt sich fast jeder dritte Arbeitsunfall auf den Konsum von Alkohol zurückführen. Jährlich sterben in der Bundesrepublik circa 40.000 Personen an den unmittelbaren Folgen von Alkoholmissbrauch Info. Relativ gesehen liegt dabei die alkoholbedingte Sterblichkeit im Osten Deutschlands deutlich höher als im Westen. Eine erhöhte Sterberate ist jeweils am Monatsanfang festzustellen, da großteils das Gehalt in Alkohol umgesetzt wird. Überdurchschnittlich viele Alkoholiker sind dabei in den Gehaltsgruppen unter 1500 DM sowie über 6000 DM brutto anzutreffen.

Erkennung & Untersuchungen

Bei der Diagnose gilt es zu bestimmen, ob jemand kontrolliert Alkohol konsumiert oder bereits abhängig ist. In der Vergangenheit wurden diesbezüglich verschiedene Fragebögen erstellt, die Aufschluss über das Alkoholproblem des Patienten geben sollten. Als problematisch kann hier angesehen werden, dass Alkoholiker oftmals ihre Abhängigkeit leugnen und somit eine wahrheitsgemäße Beantwortung der Fragen zu bezweifeln ist. Zudem können die für Alkoholmissbrauch typischen Folgeerkrankungen wie Fettleber, Leberschrumpfung oder Gelbsucht auch andere Ursachen haben.

Um zuverlässigere Diagnosen zu erhalten, versucht man deshalb anhand von Labormethoden den Alkoholmissbrauch zu bestimmen. So haben beispielsweise mehrere Untersuchungen ergeben, dass eine erhöhte Konzentration an Carbohydrat-Deficient-Transferrin (CDT) im Organismus Rückschlüsse auf erhöhten Alkoholkonsum zulassen. Bereits nach regelmäßig überhöhtem Alkoholgenuss, d. h. mindestens 14 Tage lang täglich 60 g Alkohol (entspricht ca. 1 Liter Wein bzw. 1,5 Liter Bier ) wird CDT vermehrt gebildet.

INFO Carbohydrat-Deficient-Transferrin (CDT):
Hierbei handelt es sich um einen Eiweißstoff, der im menschlichen Organismus für den Transport von Eisen zuständig ist.

Alkoholgehalt verschiedener Getränke:

Getränk

Alkohol

Menge

reiner Alkohol

Wein

ca. 10 Vol.%

0,1 l

ca. 8,0 g

Bier

ca.   5 Vol.%

0,2 l

ca. 8,0 g

Sekt

ca. 10 Vol.%

0,1 l

ca. 8,0 g

Wermut

18 Vol.%

0,1 l

14,4 g

Eierlikör

20 Vol.%

2,0 cl

3,2 g

Fruchtlikör

30 Vol.%

2,0 cl

4,8 g

Korn

32 Vol.%

2,0 cl

5,0 g

Kräuterlikör

33 Vol.%

2,0 cl

5,2 g

Obstler

35 Vol.%

2,0 cl

5,6 g

Weinbrand

40 Vol.%

2,0 cl

6,4 g

Whiskey

50 Vol.%

2,0 cl

8,0 g

Calvados

55 Vol.%

2,0 cl

8,8 g

Anmerkungen: Vol. % = ml reiner Alkohol in 100 ml Flüssigkeit; 1 ml reiner Alkohol = 0,8 Gramm. Quelle: Deutsche Hauptstelle gegen Suchtgefahren

Therapie

Die erfolgreiche Therapie setzt voraus, dass der Alkoholabhängige selbst gesund werden will. In der Regel findet unter der Beobachtung von Ärzten sowie Pflegepersonal eine „Entgiftung“ des Körpers statt. Zudem leisten Psychologen in Einzel- und Gruppengesprächen Aufklärungsarbeit, um den Patienten zu helfen „trocken“ zu bleiben.

Um die Gefahr von Rückfällen (rund 50% werden innerhalb der ersten 3 Monate rückfällig) zu verringern, wird die Therapie in den ersten Monaten teilweise auch medikamentös unterstützt. Dabei wird vor allem der Wirkstoff Acamprosat eingesetzt, der das Verlangen nach Alkohol unterdrücken soll. Auch Selbsthilfegruppen, wie beispielsweise die Anonymen Alkoholiker bieten sachkundige Unterstützung und können aufgrund des Erfahrungsaustausches der Mitglieder zum dauerhaften Entzug führen. Es gehört ein starker Wille dazu, dauerhaft abstinent zu bleiben. Die Versuchung ist groß: Fast täglich gibt es Ereignisse, die mit Alkohol begossen werden. Aber: Wer einmal abhängig war, ist nie mehr in der Lage kontrolliert Alkohol zu konsumieren.

Wichtiger Hinweis

Eine praktische wichtige Einteilung der Alkoholkranken stammt von Jellinek: Alphatrinker sind nur zeitweise abhängig, trinken unter Problemdruck, lassen sich entwöhnen. Betatrinker sind Gewohnheitstrinker, die bereits alkoholbedingte Komplikationen aufweisen. Gammatrinker zeigen eine anfangs psychische, später auch physische Abhängigkeit mit häufiger Volltrunkenheit. Deltatrinker sind auf kontinuierliche Alkoholzufuhr angewiesen, haben oft schwerste Organschäden und schaffen es in aller Regel nicht, sich entwöhnen zu lassen. Der seltene Epsilontrinker trinkt periodisch, zwanghaft exzessiv; dieser Zustand wird auch als Dipsomanie bezeichnet.

„Gesundheit A-Z“ kann keinesfalls eine ärztliche Beratung ersetzen. Fragen Sie daher bei starken Beschwerden, auffälligen körperlichen Veränderungen oder vor der Einnahme von Medikamenten unbedingt Ihren Arzt oder Apotheker. Speziell Schwangere und chronisch Kranke müssen bei der Anwendung bestimmter Arzneimittel aufpassen!

Vorsorge

Alkohol ist nur in geringen Mengen ein Genuss- bzw. Heilmittel. Anhand der nachfolgenden Tipps können Sie Ihren Alkoholkonsum in Grenzen halten :

  • Trinken Sie nicht, um Probleme zu vergessen.
  • Vermeiden Sie, alleine Alkohol zu trinken.
  • Setzen Sie sich vor dem Ausgehen die Grenzen Ihres Alkoholkonsums.
  • Lassen Sie Ihr Glas erst nachfüllen, wenn es leer ist – sonst schätzen Sie die konsumierte Menge evtl. falsch ein.
  • Trinken Sie langsam, da Alkohol in der Leber nur nach und nach abgebaut wird.
  • Frauen sollten während der Einnahme von Hormonen gegen Beschwerden der Wechseljahre komplett auf Alkohol verzichten, da die Blutkonzentration des Hormons Östrogen sich etwa um das Dreifache erhöht.
  • Verzichten Sie auch auf Alkohol, wenn Sie Medikamente einnehmen
  • Verzichten Sie auf Alkohol während der Schwangerschaft

Weitere Infos

Alkoholwirkung bei Sportlern

Tierversuche der Universität Chicago im US-Bundesstaat Illinois ergaben, dass Ratten, die täglich eine Stunde auf ein Laufband gesetzt wurden, Alkohol besser verarbeiteten, als ihre nichtlaufenden Artgenossen. Grund hierfür ist ein erhöhter Spiegel eines Entgiftungsenzyms in der Leber. Ließe sich diese Studie auf den Menschen übertragen, so Dr. Murray Ardies, würden die Schädigungen durch Alkohol bei Sportlern möglicherweise geringer sein, als bei inaktiven Menschen.

Kinder trinken Alkohol

Laut Professor K. Mann von der Uni Heidelberg wird das Einstiegsalter bei Alkohol immer niedriger. Häufig werden bereits acht bis zehnjährige Kinder mit Alkoholvergiftungen in Kliniken aufgenommen. Bei den Zwölfjährigen, so Dr. Bertram vom Landeskrankenhaus Hildburghausen, sind bereits regelmäßige Alkoholkonsumenten anzutreffen.

Jeder zehnte Patient hat Alkoholprobleme
Den Erkenntnissen einer Lübecker Untersuchung zur Folge haben etwa 11% der Patienten in Allgemeinarztpraxen Probleme mit Alkohol.

Häufige Fragen

Vertragen Männer mehr Alkohol als Frauen?

Tatsächlich ist es so, dass Männer in der Regel den Alkohol etwas schneller abbauen, als Frauen. So wird in einer Stunde je Kilogramm Körpergewicht beim Mann ca. 0,1g Alkohol abgebaut, während Frauen in der gleichen Zeit etwa 15% weniger Alkohol abbauen.

Wann sollten Sie zum Arzt gehen?

Der Gang zum Arzt empfiehlt sich, sobald Sie oder Ihre Mitmenschen feststellen, dass Sie vermehrt Alkohol konsumieren. Wichtig ist es, sich einzugestehen, warum man trinkt. Um Probleme zu vergessen? Um aus scheinbar auswegslosen Situationen zu flüchten? Dann sind Sie stark gefährdet und sollten einen Arzt oder eine Suchtberatungsstelle um Hilfe bitten. Auch, wenn Sie nach einem Rausch Gedächtnislücken haben oder im Abstinenzfall körperliche Entzugserscheinungen haben, sollten Sie einen Arzt aufsuchen. Nach einer Schweizer Statistik gehen nur rund 17% der Ratsuchenden aus eigener Initiative zur Beratung.

Ist Alkoholismus vererbbar?

In der Tat spielen genetische Faktoren beim Alkoholismus eine Rolle. So haben beispielsweise Untersuchungen in den USA ergeben, dass Söhne von Alkoholikern ein erhöhtes Risiko haben, ebenfalls abhängig zu werden. Dies könnte daran liegen, dass diese Personengruppe weniger stark auf Alkohol anspricht, was zu einem veränderten Trinkverhalten führt.

Wichtige Adressen

Anonyme Alkoholiker
c/o Johannes Prußky
Postfach 460227
80910 München
Tel.: 089/316950-0
Homepage: http://www.anonyme-alkoholiker.de

Deutsche Hauptstelle gegen Suchtgefahren
Westring 2
59065 Hamm
Tel.: 02381/9015-0

Institut für Alkoholerkrankungen
Alfred-Herrhausen-Str. 44
58455 Witten
Tel.: 02302/926399

Anonyme Ärzteselbsthilfegruppe
Bahnhofstr. 36
86971 Peiting
Tel.: 08861/6115

Gesellschaft gegen Alkohol- und Drogengefahren (GAD)
Chemnitzer Str. 50
04289 Leipzig
Tel.: 0341/8542596