Vergiftung erkennen: Ursachen, Symptome & Erste Hilfe

Es gibt eine Vielzahl von Stoffen, die beim Menschen Vergiftungserscheinungen auslösen können. Solche Stoffe sind in allen Haushalten vorhanden und nicht immer sicher verwahrt. Zu Unfällen im Umgang mit giftigen Substanzen kommen bei Erwachsenen Selbstmordabsichten. Kinder dagegen ahmen Erwachsene in ihrem Alkohol- und Tablettenkonsum nach und vergiftensich aus Neugier und Unwissenheit oder weil sie mit zugänglichen Substanzen spielen. Vergiftungen sind immer eine Frage der Dosis.

Ursachen & Risikofaktoren

Vergiftungsgefahren lauern für Kinder – besonders im Alter zwischen 2 und 4 Jahren – überall. Hier einige Beispiele:

Gefahren in Küche und Bad

  • Geschirrspülmittel
  • Waschpulver
  • Wäschebleichmittel
  • Desinfektionsmittel
  • Möbelpolitur
  • Rohrreiniger
  • Fleckentferner
  • Herd- und Metallreiniger
  • Medikamente, besonders Schlaf- und Beruhigungsmittel, Salben, Zäpfchen
  • Shampoo
  • Haarfestiger
  • Haarfärbemittel, Haarbleichmittel
  • Haarspray
  • Deospray
  • Nagellack und -entferner
  • Hautpflegemittel
  • Parfüm
  • Haarentferner

Gefahren in Wohnräumen

  • Alkoholische Getränke
  • Zigaretten
  • Feuerzeugbenzin
  • Lampenöl

Gefahren in Keller, Garage und anderen Lagerräumen

  • Farben
  • Farbverdünner
  • Farbentferner
  • Pinselreiniger
  • Motoröl
  • Benzin
  • Petroleum
  • Terpentin
  • Klebstoffe
  • Unkrautvernichtungsmittel
  • Schädlingsbekämpfungsmittel
  • Kohlenmonoxid durch laufende Motoren oder defekte Heizungen

Gefährliche Pflanzen und Pflanzenteile

  • Goldregen
  • Tollkirsche
  • Fingerhut
  • Eisenhut
  • Seidelbast
  • Maiglöckchen
  • Liguster
  • Eibe
  • Arnika
  • Oleander
  • Dieffenbachia
  • Lupine
  • Narzisse
  • Wiesen-Bärenklau
  • Weihnachtsstern
  • Herbstzeitlose
  • Christusdorn

Betimmte Pilzsorten

Diese Aufzählung ist keinesfalls vollständig! Rufen Sie im Zweifelsfall eine Giftnotrufzentrale an!

Krankheitsbild

  • Allgemeine Vergiftungserscheinungen können auftreten als:
  • Übelkeit, Erbrechen, Durchfall
  • Bauchschmerzen
  • Kopfschmerzen, Schwindel
  • Erregungszustände, Halluzinationen, Verwirrtheitszustände
  • Beschleunigung oder Verlangsamung des Pulses
  • Blässe, gerötete Haut, Hitzegefühl
  • Schock
  • Bewusstseinstrübung bis Bewusstlosigkeit
  • Atemnot bis Atemstillstand oder Herz-Kreislaufstillstand

Auswirkungen

Neben akuten Vergiftungserscheinungen wie Bewusstlosigkeit, Schock, Herz-Kreislauf-Stillstand und Atemstillstand können auch Spätschäden auftreten. Hier sind vor allem Hirnschäden oder Nervenschäden, Leber- und Nierenschäden zu nennen.

Bei Vergiftungen durch Gas-Unfälle ist auch immer an eine Explosionsgefahr zu denken (Gefährdung der Retter)!

Erkennung & Untersuchungen

Bei einem akuten Vergiftungsnotfall, geben neben den Symptomen auch Patientenangaben, Hinweise von Augenzeugen, Giftreste, leere Medikamentenbehältnisse, Gasgeruch oder ev. ein Abschiedsbrief weiteren Aufschluss. Es müssen nie alle Erkennungsmerkmale vorhanden sein. Entscheidend ist die Gesamtsituation.

Notruf & Erste Hilfe

Ruhe bewahren – Keine Panik
Handeln Sie überlegt, nicht übereilt!

  1. Notruf (Rettungsleitstelle, Notarzt)
  2. Anruf einer Giftnotrufzentrale
  3. Die empfohlenen Maßnahmen durchführen

Was muss die Rettungsleitstelle wissen?

Wer meldet? Rückrufnummer
Wo geschah es? Genaue Adresse, auch welcher Eingang, Stockwerk etc.
Was geschah?
Wie viele Betroffene?
Welche Art von Gift?
Warten auf Rückfragen!

Welche Fragen stellt die Giftnotrufzentrale?

Wer ist betroffen? Kind, Erwachsener?
Was wurde eingenommen? Genaue Bezeichnung des Mittels (was steht auf der Packung), Firma, Name der Pflanze.
Wie viel wurde eingenommen? Wie viel Stück waren in der Packung?
Wie viel ist noch vorhanden? Wie viel kann das Kind maximal eingenommen haben? Wie war es verpackt?
Wie wurde es eingenommen? Geschluckt? Eingeatmet? Auf die Haut? Ins Auge?
Wann wurde es eingenommen? Gesicherte Zeitangabe oder Vermutung?
Wie alt ist das Kind?
Wie viel wiegt das Kind (ungefähr)?
Wie geht es dem Kind? Husten? Erbrechen? Muskelzuckungen? Rauschzustand? Benommenheit? Schmerzen?
Name und Telefonnummer? Für den Rückruf.

Allgemeine Erste-Hilfe-Maßnahmen bei Vergiftungen

Hilfe beim Erbrechen heißt helfen, dass der Patient Erbrochenes nicht einatmet. Keinesfalls Erbrechen herbeiführen!
Hilfe beim liegenden Patienten: Den Kopf zur Seite wenden, mit der freien Hand ein Gefäß unter den Mund halten.
Hilfe beim sitzenden Patienten: Den Kopf nach vorne beugen und dabei die Stirn mit einer Hand halten, mit der freien Hand ein Gefäß dicht unter den Mund halten.

Wiederholte Kontrolle von Bewusstsein, Atmung und Puls.

Bei Bewusstlosigkeit: stabile Seitenlage
Bei Atemstillstand: Beatmen
Bei Herzkreislaufstillstand: Herzdruckmassage

Sicherstellen von Giftresten oder Erbrochenem

Die folgenden Erstmaßnahmen sind abhängig vom Gift und sollen nur nach Anweisung der Giftnotrufzentrale durchgeführt werden! Mögliche Maßnahmen sind:

Giftaufnahme über den Mund

Verdünnen der Gifte durch Trinken von Wasser, Saft oder Tee
Bei schaumbildenden Substanzen Gabe eines flüssigen Simethicons nach Anweisung
Binden der Giftsubstanz durch Kohle

Giftaufnahme über die Haut

Vergifteten völlig entkleiden
Alle befallenen Hautstellen mit reichlich Wasser waschen
Möglichst Handschuhe tragen

Giftaufnahme über die Atemwege

Patienten an die frische Luft bringen, Fenster und Türen öffnen
Achtung: Gefahr der Selbstvergiftung ist besonders groß! Die eigene Sicherheit geht der Notwendigkeit zur Hilfeleistung immer vor! Ein vor Mund und Nase gehaltenes Taschentuch hilft nicht!
Explosionsgefahr bedenken!

Hinweis

Vergiftungen sind typische Notfälle im Kleinkindalter. Gerade, wenn Kinder etwa ab dem zweiten Lebensjahr anfangen, auf Entdeckungen durch Küche, Zimmer und Garten zu gehen, können sie Gefahren noch nicht einschätzen. Hier ist die Verantwortung der Eltern und Erzieher gefordert. Sie haben das Kind vor potentiellen Gefahrenmomenten (Haushaltschemikalien, Arzneimittel, Treppen, Fenster, Regentonnen, Gartenteiche u.ä.) zu sichern. Außerdem müssen sie für eine kontinuierliche Aufsicht des Kindes sorgen und dabei nicht nur Verbote aussprechen, sondern das Kind auf mögliche Gefährdungen altersgerecht hinweisen.

Vorsorge

Kinder sind sehr neugierig und erfinderisch. Sie erreichen auch Stellen, an denen Erwachsene Medikamente, Putzmittel oder Chemikalien sicher verwahrt glauben. Danken Sie auch an den Nachttisch der Oma, wo ihre Arzneimittel „sicher“ untergerbacht zu sein scheinen. Unterschätzen Sie nicht die Reichweite Ihres Kindes. Sie wird täglich größer! Daher: Vermitteln Sie Kindern frühzeitig die Gefahren in Wohnung und Garten. Allgemeine Hinweise zur Vermeidung von Vergiftungsunfällen

Allgemeine Hinweise zur Vermeidung von Vergiftungsunfällen

Halten Sie Ihren Vorrat an giftigen Substanzen möglichst gering! Kaufen Sie nur wirklich nötiges und entsorgen sie nicht mehr benötigtes über den Sondermüll! Suchen Sie nach ungiftigen Alternativen!
Bewahren Sie gefährliche Substanzen außerhalb der Reichweite von Kindern auf! Werfen Sie solche Substanzen auch nicht in den Abfalleimer!
Bewahren Sie Medikamente immer in einer verschlossenen Hausapotheke auf! Denken Sie an offen herumliegende Medikamente bei Erkrankungsfällen in der Familie!

Bewahren Sie Giftsubstanzen nie neben Lebensmitteln auf

Füllen Sie Giftsubstanzen nie in Getränkeflaschen oder andere Lebensmittelbehälter!
Lassen Sie Einkaufs- und Handtaschen nicht unbeaufsichtigt stehen (Zigaretten, Medikamente, Haushaltschemikalien, Parfüm)! Lassen Sie Ihr Kind nicht unbeaufsichtigt, wenn sie Giftstoffe wie z.B. Farben oder Terpentin verarbeiten! Besuchen Sie auch einen Erste-Hilfe-Kurs bzw. frischen Ihre Kenntnisse regelmäßig auf! Halten Sie für alle Fälle die Rufnummern von der Rettungsleitstelle und dem Giftnotruf am Telefon bereit!

Häufige Fragen

Muss ich jedem, auch Fremden Erste Hilfe leisten?

Ja. Im Notfall, d.h. bei einem Unfall, einer lebensbedrohlichen akuten Erkrankung oder einer Vergiftung zu helfen, ist nicht nur eine moralische, sondern auch eine rechtliche Pflicht. Unterlassene Hilfeleistung ist ein Straftatbestand, den erfüllt, wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not nicht Hilfe leistet, obwohl dies erforderlich und ihm den Umständen nach zuzumuten, insbesondere ohne erhebliche eigene Gefahr und ohne Verletzung anderer wichtiger Pflichten möglich ist (§ 323c, Auszug aus dem Strafgesetzbuch).

Was tun, wenn ich nicht genau weiß, was zu tun ist?

Sie sollten auf alle Fälle einen Notruf machen. Tun Sie dann, was Ihnen die Rettungsleitstelle oder die Giftnotrufzentrale rät.