Scheuermannsche Erkrankung: Ursache, Symptome, Behandlung & Vorsorge – Wann hilft nur noch eine Operation?

Die Scheuermannsche Erkrankung ( Morbus Scheuermann) – der Rundrücken – ist die häufigste Wirbelsäulenerkrankung im Jugendalter. Bis zu 30% aller Jugendlichen, mehr Jungen als Mädchen, sind davon betroffen. Da der Morbus Scheuermann eine Erkrankung in der Wachstumsphase der Wirbelsäule ist, kommt er mit Abschluss des Wachstums von selbst zum Stillstand. Zurück bleibt ein mehr oder weniger ausgeprägter Rundrücken. Durch rechtzeitiges Erkennen und Behandeln gibt es von Seiten der Ärzte wirkungsvolle Hilfe. Die Betroffenen selbst können durch eigene Aktivität den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen und die Folgen abmildern.

Ursachen & Risikofaktoren

Für die Entstehung der Scheuermann´schen Erkrankung sind körpereigene Faktoren ausschlaggebend. Äußere Risikofaktoren lösen die Krankheit nicht aus, können sie aber verstärken:

Die konstitutionelle Haltung von Kindern mit herabhängenden Schultern, verkürzten Brustmuskeln und Verstärkung der Lendenlordose (Hohlkreuz!) hat nachgewiesen Einfluss auf die Entstehung eines Rundrückens. Die knorpeligen Wirbelkörperabschlussplatten geraten bei der schlaffen Haltung unter vermehrte Druckbelastung. Bei entsprechender Disposition resultiert dadurch ein keilförmiges Fehlwachstum. Stoffwechselstörungen im Bindegewebe können die Manifestation der Scheuermann´schen Erkrankung auslösen, ebenso stärkste mechanische Belastungen bei Leistungssportlern, vor allem Kunstturnern, Turmspringern und Trampolinspringern

Krankheitsbild

Die Krankheit verläuft in drei Stadien:

1. Frühstadium (10.-13. Lebensjahr)

Die Krankheit beginnt mit lokalen Wachstumsstörungen an den knorpeligen Deck- und Grundplatten der Wirbelkörper. Auf der ventralen Seite der Wirbelsäule (Bauchseite) bleibt das Wachstum allmählich zurück, so dass sich die Wirbelkörper keilförmig entwickeln. Aufgrund von Muskelschwäche und häufigen Verkürzungen im Schultergürtelbereich kommt ein Rundrücken zustande , den die Kinder noch willentlich ausgleichen können. Sie haben keine oder nur geringe Rückenschmerzen.

2. Florides Stadium (13.-17. Lebensjahr)

Es kommt zu einem Einbruch von Bandscheibenmaterial in die Wirbelkörperabschlussplatten. Durch die Verschiebungen des Bandscheibengewebes verschmälert sich der Zwischenraum zwischen den Wirbeln. Die vermehrte ventrale Belastung bedingt eine Breiten- und Tiefenzunahme der Wirbelkörper.

Wachsen die Keilwirbel nicht symmetrisch, entsteht zusätzlich eine leichte Skoliose (Scheuermann-Skoliose). Der Rundrücken wird fixiert. Als Ausgleich entsteht eine verstärkte Lendenlordose (Hohlkreuz). Die schlechte Haltung fällt auch Laien auf. Diese und ev. Schmerzen in Ruhe und/oder unter Belastung sind meist der Anlass für ärztlichen Untersuchungen

3. Endstadium

Die degenerativen Veränderungen fixieren den Rundrücken endgültig. Bei starkem Krankheitsbefall kann es bereits im 2. und 3. Lebensjahrzehnt zur völligen Einsteifung der befallenen Wirbelsäulenabschnitte kommen.

Auswirkungen

Betroffene Kinder und Jugendliche klagen selten über Beschwerden. Vor Wachstumsabschluss treten Schmerzen nur in der befallenen Brustwirbelsäule auf.

Im Erwachsenenalter kommt es durch den fixierten Rundrücken abhängig vom Ausmaß zu biomechanischen Auswirkungen auf die gesamte Wirbelsäule. Überlastungs- und Abnutzungsbeschwerden an Muskeln, Bändern und Gelenken, insbesondere aber im Bereich der kompensatorisch überbeweglichen Hals- und Lendenwirbelsäule sind typische Spätfolgen.

Erkennung & Untersuchungen

Die Kinder und Jugendlichen werden meist wegen ihrer auffallend schlechten Haltung, seltener wegen Rückenschmerzen dem Arzt vorgestellt. Ob „nur“ eine Haltungsschwäche oder eine Scheuermann´sche Erkrankung vorliegt, muss anhand von Röntgenaufnahmen geklärt werden. Da die Krankheit in der Jugend im floriden Stadium oft ohne Beschwerden verläuft, wird sie bei Erwachsenen mit Rückenschmerzen oft erst nachträglich diagnostiziert.

Therapie

Spezielle physiotherapeutische Übungen („Rückenschule“), gezielte sportliche Betätigungen und (Kranken-)Gymnastik zur Kräftigung der Rückenstreck- und Bauchmuskulatur beeinflussen die Haltung positiv und begünstigen ein einwandfreies das physiologische Wirbelsäulenwachstum. Regelmäßiges Schwimmen, besonders Rückenschwimmen wirkt dem Rundrücken entgegen; Sitzmöbel müssen eine aufrechte Haltung unterstützen. Auch psychische Faktoren beeinflussen die Haltung. Jugendliche brauchen ein gesundes Selbstbewusstsein! Keinesfalls sollte man ihnen vermitteln, an einer schweren Krankheit zu leiden.

Operation

Bei schwerem Rundrücken (über 50 Grad nach Cobbs) ist eine Versorgung mit Aktiv- oder Passivkorsett indiziert. In extrem seltenen Fällen richtet man die Wirbelsäule durch eine Operation auf.

Vorsorge & Übungen

Die Krankheit ist durch endogene (d.h. körpereigene) Faktoren bedingt. Äußere Faktoren lösen die Krankheit nicht aus; sie können sie aber verstärken oder das Fortschreiten beschleunigen. Vorsorgend können Eltern darauf achten, dass ihr Kind:

sich ausreichend bewegt
früh Schwimmen lernt und dann auch regelmäßig schwimmt
sich eine gerade Haltung angewöhnt
die passenden Sitzmöbel, die eine aufrechte Haltung unterstützen, bekommt
bei Bedarf rechtzeitig an Haltungsturnstunden teilnimmt
bei ersten Anzeichen der Scheuermann´schen Erkrankung einem Arzt vorgestellt wird
bei feststehender Diagnose Leistungssport, besonders Kunstturnen oder Trampolinspringen, aufgibt
ev. zur Krankengymnastik geht

Häufige Fragen

Mein Sohn hat die Scheuermann´sche Erkrankung. Darf er weiterhin am Schulsport teilnehmen?

Ja. Ihr Sohn darf grundsätzlich weiter am Schulsport teilnehmen. Die Einschränkungen sind abhängig vom Stadium und Schweregrad der Erkrankung. Vermeiden sollte er alle Stauchungen der Wirbelsäule, wie sie bei Sprüngen auftreten. Für die Schule braucht er ein ärztliches Attest für eine Teilbefreiung.

Ich selbst hatte die Scheuermann´sche Erkrankung. Habe ich sie möglicherweise an meine Kinder vererbt?

Darüber ist bisher nichts bekannt. Beobachten Sie IhrKind sehr genau, beachten Sie die Maßnahmen zur Vorsorge (siehe dort) und gehen Sie mit ihm beim geringsten Verdacht zum Arzt.

Wichtige Adressen

Bundesverband der deutschen Rückenschulen (BdR) e. V.
Lingener Str. 12
48155 Münster
Tel.: 0251/6090707

Aktion Gesunder Rücken e. V.
Postfach 1361
27423 Bremervörde
Tel.: 04761/979179
Fax: 04761/979180
e-Mail: Info@AGR -EV.de

Bundesverband WIRBEL e. V. Dortmund
Am Oelpfad 1-3
44263 Dortmund-Hörde
Tel.: 0231/417029